Vielleicht die späte Konversion und zweifellos auch der
übertriebene Groll des Pfarrers Schmidt gegenüber
verschiedenen heidnischen Praktiken, die unter den hiesigen Untertanen
verbreitet waren und vor allem gegen das heimliche Luthertum, das in
dieser Zeit unter hiesigen Untertanen auf den ullersdorfer und
wiesenberger Herrschaftsgütern häufig aufgetreten ist, waren
die Ursache, dass gerade in Zöptau bzw. im Wermsdorf die Episode
der Hexenprozesse im Tesstal begonnen hat.
Diese traurige Geschichte hatte angefangen am Palmsonntag 1678 in der
St. Laurentiuskirche im Zöptau. Die Wermsdorfer Bettlerin Marina
Schuch hat versucht bei der hl. Kommunion die geweihte Hostie heimlich
wegzutragen und wurde dabei von einem Ministranten beobachtet, der es
dem Kirchvater Bittner ("Kirchvater" ist eine historische Form des
kirchlichen Leitungsamtes) gemeldet hat und dieser wiederum dem Pfarrer
Schmidt. Pfarrer Schmidt hat die ganze Situation als ein ernsthafter
Nachweis der Ketzerei beurteilt und hat das alles an die ullersdorfer
Obrigkeit weitergeleitet - an die Regentin der ullersdorfer und
wiesenberger Herrschaft, an Frau von Galle, geb. von Zierotin, die
dieses Herrschaftsgut für ihre zwei minderjährigen Neffen
verwaltet hat. Bei dem ersten Verhör, der im ullersdorfer Schloss
im Beisein der Gräfin von Galle,des schönberger Dechant Alois
Christoph Lautner, des ullersdorfer Pfarrers König, des
Zöptauer Pfarrers Schmidt und der bedeutenden herrschaftlichen
Beamten geführt wurde, ist herausgekommen, dass Marina Schuch
wollte diese Hostie für die Hebamme Dorothea Grör aus
Wermsdorf, die wiederum diese auf Rat einer weiteren wermsdorfer Frau,
Dorothea David, ins Futter zu geben vorhatte, damit ihre Kuh mehr Milch
gibt. Bei dieser Zusammenkunft haben sich die Anwesenden geteilt: auf
die friedlicheren, die die ganze Sache nur mit Bestrafung der Marina
Schuch beenden wollten und diese einer schweren Sühne
unterzuziehen (hierzu gehörten vor allem Lautner und König)
und auf die Fürsprecher der radikalen Lösung "dieses
unbestrittenen Ausdrucks der Hexerei", hierzu gehörten die
Herrschaftlichen Beamten und vor allem der Pfarrer Schmidt. Die
Gräfin, die auf sich höchstwahrscheinlich den Druck ihrer
lutherischen Vergangenheit verspürte, hat sich letztendlich
entschieden, einen erfahrenen Inquisitor nach Ullersdorf zu berufen, um
den ganzen Fall ordentlich zu prüfen.
Auf Empfehlung des Pfarrers Schmidt wurde hierher der Inquisitor Franz
Heinrich Boblig von Edelstadt (Zuckmantel) berufen und welcher dann mit
der Erlaubnis des Gerichtes für Appellation in Prag im
ullersdorfer Schloss ein Inquisitionstribunal errichtet hat. Gleich
danach hat er mit den Verhören der wermsdorfer Frauen begonnen.
Diese waren dann zusammen mit Marie Züllich, einer Müllerin
aus Weikersdorf, die ersten Opfer dieser Prozesse. Marina Schuch,
Dorothea Grör und Marie Züllich wurden am 7. August 1679,
wahrscheinlich am Henkersplatz bei Neudorf, bei lebendigem Leibe
verbrannt. Die 68-jährige Witwe David hat die Folter nicht
ausgehalten und ist bei einem Verhör schon am 24. Mai 1679
gestorben. "Weil ihr ein schlimmer Feind (der Teufel) in der
Folterkammer den Hals umgedreht hat" wurden ihre sterblichen
Überreste gemeinsam mit den drei oben aufgeführten Frauen auf
dem Scheiterhaufen verbrannt.
Aufgrund der Aussagen der ersten Opfer kam es zu weiteren Verhaftungen
bedeutenden Personen aus Ullersdorf und Umgebung und im August 1679
verbreiteten sich diese Prozesse bis in die Kammerstadt Schönberg.
Hier wurden zu ihren Opfern unter anderem nicht nur die
Angehörigen der bedeutendster Bürgerfamilien Sattler,
Jaschek, Przerowský, aber auch der schönberger Dechant
Lautner. Es ist im allgemeinen interessant, dass im Laufe der Prozesse,
die auf ullersdorfer und wiesenberger Herrschaft angeblich bis 1692
gedauert haben und bei denen 39 Personen ums Leben gekommen sind, waren
nur wenige Betroffene von zöptauer Pfarrei. Tatsächlich
handelte es sich nur um Anna Föbel, die Frau des Richters aus
Kleppel (enthauptet und verbrannt 5. April 1680), den Zöptauer
Richter Hans Axmann (bei lebendigem Leibe verbrannt am 4. Mai 1682) und
seine Frau Dorothea (enthauptet und verbrannt am 18. November 1683),
Margarethe Prokel (bei lebendigem Leibe verbrannt am 4. Mai 1682) und
Christina Ott (enthauptet und verbrannt am 18. November 1683) beide aus
Wermsdorf.
Mit dem protestantischem Glauben in der zöptauer Pfarrei,
Wermsdorf nicht ausgenommen, hängt auch ein Ort zusammen, das bei
den Verhören im Zusammenhang mit der Veranstaltung der
Hexensabbate erscheint - die Petersteine, die nicht weit vom Altvater
entfernt sind.
Falls die heimlichen Lutheraner vom wiesenberger Gut ihren Glauben
praktizieren wollten, mussten sie zu den Pastoren bis nach Schlesien
gehen, wo die Protestanten ihre geschützten Städte hatten.
Petersteine, die direkt an der Landesgrenze zwischen Mähren und
Schlesien lagen, waren der ideale Platz "auf halbem Weg" für
heimliche lutherische (protestantische) Nachtgottesdienste. Falls diese
Szene, beleuchtet nur durch große Feuer, von einem
zufälligen Beobachter gesehen wurde, konnte sie sicher den
Eindruck unlauteren Machenschaften erwecken.
Nachdem Johann Joachim und Maximilian Franz von Zierotin auf ihren
Gütern zur Macht gekommen sind, wurden die Inquisitionsprozesse
eingedämmt und später durch kaiserliche Intervention ganz
eingestellt. Wermsdorf, das für seine Abgelegenheit etwas entfernt
von den ungestümen Ereignissen damaliger Zeit lag (ob es der
30-jähriger Krieg war oder die Hexenprozesse), hat sich im 17.
Jahrhundert von einer Ödung zu einem
verhältnismäßig bedeutenden Untertanendorf entwickelt,
mit einer Menge Handwerkstätten, einer Mühle, einem
Hammerwerk und auch mit einigen ausgiebigen Eisenerzstollen und dem
Steinbruch zum Abbau vom Speckstein. Nach dem Hufverzeichnis,
ausgestellt im September 1677 für ullersdorfer und wiesenberger
Gut, haben in diesem Jahr im Wermsdorf 100 Insassen gelebt. Im Dorf gab
es zwei öde Gebäude: Von dem einen ist der Hausbewohner nach
Schlesien gegangen (wahrscheinlich aus religiösen Gründen),
das zweite hat "das Wasser genommen". Wermsdorfer Richter war zu der
Zeit ein gewisser Andreas Wolf. Nach dem Zahlungsregister der
Untertanen auf dem ullersdorfer und wiesenberger Gut aus dem Jahre 1682
haben hier in diesem Jahr 39 Bauern und 40 Gärtler gelebt, von
denen die Mehrheit noch irgendwelches Handwerk betrieben hat, 23
Kötner (Häusler) und 54 Personen zusammengefasst unter
Hausgesindel, wohin verschiedene Dienerschaften, Hilfsarbeiter,
Köhler, Weber, alte Menschen, Witwen ohne jegliche Sicherung und
auch z.B. Veteranen gehörten.