Einen interessanten Nachweis über den Stand von Wermsdorf
anfangs des 19. Jahrhunderts hat uns der Bader und Geburtshelfer Joseph
X. A. Neumann in seiner Beschreibung der wiesenberger Herrschaft
hinterlassen. Er erwähnt, dass das Dorf um 1800 offensichtlich
etwa 163 Häuser, in denen 212 Familien mit 1029 Personen lebten.
Davon 41 Bauern, 172 Gärtler und den Rest haben Kötner
(Häusler) und Gesinde gebildet, die insgesamt 550 Morgen Land
bearbeitet haben. An der Ostseite hat das Dorf an herrschaftliche
Wälder, im Süden an die Liegenschaften der Siedlung
Freiheitsberg und im Westen an die Ländereien der Stettenhofer und
Marschendorfer Höfe gegrenzt. Im Dorf ist reichlich Eisenerz
vorgekommen, das hier für den Gebrauch zweier herrschaftlichen
Hochöfen gefördert wurde. Die Merta betrieb in Wermsdorf eine
"Brettsägemühle", eine Papiermühle, einen "Zainhammer"
(Hammerwerk) und eine zweigängige Mahlmühle. Die Mehrheit der
Bevölkerung hat aber von Landwirtschaft gelebt, gelegentlich auch
als Bergmänner oder verschiedene Handwerker. Die Siedlung
Freiheitsberg hat zu der Zeit 18 Häuser mit 18 Familien und 102
Personen gezählt, die wieder 49 Morgen Land bearbeitet haben. Die
ganze Siedlung wurde in "2 Stufen übereinander" gebaut, jeweils
mit 9 Häusern. Da Freiheitsberg kein fließendes Wasser
hatte, mussten die Einwohner das Wasser von den Brünnlein holen
oder selbst einen Brunnen graben. Schwagersdorf, der ursprünglich
eine ganz neue Siedlung werden sollte, hatte zu dieser Zeit nur ein
Gebäude mit 4 Personen.
Sehr ausführliche Informationen über Wermsdorf hat uns das so
genannte Stabiles Grundbuch (die erste vom Staat durchgeführte
Katastraltopographie unseres Gebietes) geliefert, das zusammen mit den
Karten von Wermsdorf aus dem Jahre 1834 stammt.
Die Steuergemeinde Wermsdorf wurde in den Karten auf Deutsch als
Waermsdorf eingetragen, die amtliche tschechische Bezeichnung wurde auf
der Mehrheit der Ausfertigungen nicht aufgeführt. Auf manchen
Kopien wurde der tschechische Name Teplice (teplý = warm)
angegeben. Dieser tschechische Name wurde noch am Anfang des 20.
Jahrhunderts benutzt (z.B. im Register der Gemeinden aus dem Jahre 1910
ist hier der Name Teplice und in Klammern als Synonym der Name
Wermsdorf aufgeführt). Erst in den 20er Jahren des 20.
Jahrhunderts wurde die jetzige tschechische Form des Namens Wermsdorf -
Vernírovice benutzt.
Das Dorf hat sich im Jahre 1834 im Steuerlichherrschaftlichen Bezirk
Wiesenberg befunden, verwaltungsmäßig aber hat es zum Kreis
Olmütz, Mährisches Land angehört. Es ist aus den teilen
Siebenhöfen, Schwagersdorf, Sensenzipfel, Freiheitsberg und
Wermsdorf bestanden, nach diesem sie auch benannt wurde, und das noch
in Oberdorf (Hinterzipfel), Mittel- und Niederdorf geteilt wurde. Die
Gebäude wurden mit Obstgärten umgeben, die dann in Flure und
Weiden übergangen sind. An den Hängen im Norden und Osten
fingen dann schon umfangreiche Wälder an. Bei der "letzten
Katastralmessung" im Jahre 1834 hatte das Dorf 5778 Morgen und 970
Quadratklafter gemessen. Pfarreimäßig wurde Wermsdorf zur
Pfarrei Zöptau angegliedert und "in Loco"(im Ort) stand auch die
Schule.
Sehr interessant ist die Beschreibung der damaligen Wermsdorfer
Gewässer. Der Hauptfluss war selbstverständlich die Merta,
die dem Katastralkommissar nach, im nordöstlichen Teil des
Katasters entspringt, wo sie das Wasser von mehreren Quellen
eingespeichert hat. Die Aufzählung der Mertazuflüsse
enthält die deutschen Ortsnamen "Brillbach" (Kamenitý
potok), "Grundwasser" (Studený potok), "Grassgrundbach"
(Laní potok) und "Kaltenseifenbach" (Ztracený potok). In
dem nördlichsten Teil des Gebietes haben sich in dieser Zeit zwei
sumpfige Wasserflächen (Torfmoore), durch die Einheimischen
Großer und Kleiner See genannt befunden. Eine wirtschaftliche
Bedeutung hatte aber vor allem der Fluss Merta, dessen Wasser die
wermsdorfer Papiermühle, die Brettsägemühle und die
Mahlmühle angetrieben hat. Das Mertawasser wurde auch zur
Bewässerung der umgebenden Felder und Wiesen und zur
Holzverflößung aus den herrschaftlichen Wäldern
genutzt. Der Brillbach hat das Kraftwerk des Hammerwerkes (des
Zainhammers) angetrieben und der Kaltenseifenbach wurde angeblich auch
zur Holzverflößung benutzt. In der Dokumentation ist
aufgeführt, dass zu der Zeit etwa 800 Klafter Fluss
flößbar waren. Hier wurde dann zu diesem Zweck auch ein
Wasserbecken gebaut. Einzig und allein die Karten des Katasters
veranschaulichen am Kaltenbach keine Wasserflächen. Es ist hier
aber angezeichnet ca. 2km lange Flößerei, die mit einem
kleinen Wasserbecken unterhalb des Großen Seeberges beginnt und
die dann in die Merta mündet. Auch ein Teil eines kleinen
Mertazufluss, genannt "Kiesgraben", hat zu diesem Zweck gedient. Auch
hier wurde ein verhältnismäßig großes
Rückhaltebecken erbaut. Merta und Brillbach traten immer wieder
über die Ufer und haben Schäden durch
Straßenunterspülung und Überschwemmung und
Verschlammung der umliegenden Grundstücke durch Flussschwemme
verursacht.
Durch Wermsdorf nach Zöptau führte ganzjährig ein gut
befahrbarer Weg. Das ganze Flurgebiet befand sich in einem
Gebirgsgelände, das bis zum Hauptkamm des Altvatergebirges (hier
auch Sudeten bezeichnet) gereicht hat, wo es eine Höhe von 4000
Fuß erreichte. Der bewohnte Teil des Flurgebietes wurde ins Tal
des Mertaflusses, südwestlich orientiert, und in die Täler
mancher kleinen Gebirgsflüsse gelegt. Es wurde angegeben, dass an
den höchsten Stellen des Dorfes, also am Hauptkamm des Gebirges,
schon so ein kaltes Klima herrschte, dass es hier nur Hochgebirgswiesen
gab und es konnten hier "nicht einmal Fichten wachsen", nur
"Alpengras", Heidelbeeren, Preiselbeeren und verkümmerte und
verdrehte Wacholder. In den niederen Lagen des Dorfes herrschte dann
wesentlich wärmeres Klima.
Das Dorf Wermsdorf grenzte im Norden mit Kozianau und Reutenhau, im
Osten mit Karlsdorf und Brandseifen, im Süden mit Zöptau,
Kleppel und Rudelsdorf und im Westen auch mit Kozianau, Philippsthal
und Marschendorf.
Bei der Zählung der Bevölkerung im Jahre 1843 haben in
Wermsdorf 1391 "Seelen" (661 männliches- und 730 weibliches
Geschlechts) gelebt, die in 192 Wohnhäusern lebten und die 310
Haushalte (also Familien, die zusammen wohnten) bildeten. Aus dieser
Zahl haben sich durch Landwirtschaft 97, durch Handwerk 53 und durch
beide aufgeführte Arten 18 Familien ernährt. Jeweils ein
Haushalt fiel auf Schul- und Seelsorgerdienst, 3 Familien haben als
Broterwerb Beamtendienst in herrschaftlichen Wäldern
aufgeführt. In der Kategorie "Taglöhner und Ausgedinger"
wurden 137 Haushalte erfasst.
Die tägliche Ernährung der Bevölkerung bestand aus
Kartoffeln, Brot und Gemüse; am Sonntag und Feiertag auch aus
Fleisch. Es wurde meistens Wasser getrunken, ab und zu auch Bier und
Schnaps, der allerdings in relativ großen Mengen. Im Allgemeinen
waren die Leute hier nicht besonders gut ernährt und hochwertiges
Brot mussten sie öfters durch "Hafer oder Roggen" ersetzen. An
größeren Höfen wurden meist 2 Knechte und 2 Mägde
gehalten. Der Viehstand in Wermsdorf charakterisierte die
Aufzählung aus dem Jahre 1841. Danach hat man im Dorf insgesamt 54
Pferde, 14 Ochsen, 275 Kühe, 31 Färsen, 454 Schafe, 17 Ziegen
und 40 Schweine gehalten. Die Pferde, vor allem die mittelschwere
Rassen aus der Haná, wurden hauptsächlich für die
Feldarbeiten genutzt, aber auch zum Holz aus den herrschaftlichen
Wäldern herunterziehen und die Holzkohle aus den herrschaftlichen
Wäldern herunter zu bringen. Als Zugvieh wurden auch Ochsen
genutzt. Das Tierfutter bestand überwiegend aus Heu,
minderwertigem Hafer und im Sommer auch aus Klee. Zum Füttern von
Kühen, Schafen und Ziegen hat man häufig Stroh genutzt, im
Sommer dann Grünfutter. Größere Höfe hatten 1 - 2
Pferde oder Ochsen, 4 - 6 Kühe, 1 - 2 Färsen, 6 - 10 Schafe
und 1 - 2 Schweine. Ziegen haben nur kleinere Bauern und Kötner
(Häusler) gehalten.
Auf den Feldern der Wermsdorfer Bauern hat man überwiegend Winter-
und Frühlingsroggen, Hafer, Kartoffeln, Flachs und Klee, in
kleinerem Ausmaß Kohl und Wicke angebaut. Ausnahmsweise hat man
kleinere Mengen Gerste, Frühlingsweizen und Erbsen gesät,
welche aber hier nicht besonders gut gediehen haben. Auf manchen
Feldern hat man außer Roggen und Hafer auch "süßes
Futter und Birkenholz" angebaut. In den Gebirgswäldern haben zu
dieser Zeit noch Buchen- und Tannenbestände vor der Fichte
überwogen. Es gab hier auch Ahorn und Ulme. In niederen Lagen
haben Birken, Erlen und Hainbuchen überwogen.
Die hiesige Bevölkerung musste zu den nächstgelegenen
Getreide- und Wochenmärkten nach Schönberg fahren, etwa 2
Meilen von Wermsdorf entfernt. Die Märkte haben jeden Mittwoch und
Samstag stattgefunden. Einheimische Bauern und Handwerker haben
allerdings diese schönberger Märkte nicht besucht. Sie haben
nämlich den überwiegenden Teil ihrer Produkte direkt im Ort
und in der Umgebung an Kunden verkauft, vor allem an einheimische
Köhler, an kleinere Bauern, an Arbeiter der Bleiche (gemeint ist
wahrscheinlich die marschendorfer Bleiche), an Arbeiter der Eisenwerke
(in Zöptau) und an Zwischenhändler.
Hiesige Wohnhäuser waren meistens als ebenerdige
Bauerngebäude gebaut, nur die Häuser der herrschaftlichen
Förster, Schule und Papierfabrik hatten zwei Etagen. Das Haus des
Kaplans, des Dorfrichters, die Mühle, Eisenhammer und
größere Bauernhöfe waren ebenerdig, gebaut aus festem
Material (Ziegelsteine, Stein) mit einem Schindeldach oder mit einem
Strohdach. Kleinere Bauernhöfe, Gärtlerhäuser und
Häuser der Kötner (Häusler) waren Teils aus festem
Material und Teils aus Holz gebaut. Alle Gebäude hatten niedrige,
nicht besonders geräumige Zimmer mit kleinen Fenstern, wo es dann
immer dämmrig und eng war. Es ist aber in dem Dokument
festgestellt worden, dass alle Gebäude im Dorf in gutem Zustand
waren. Die Scheunen und alle andere begleitende Wirtschaftgebäude
hat man aus Holz mit einem Strohdach gebaut. Gegen Feuer hatten 5
Gebäude eine Versicherung abgeschlossen. Von den bedeutenden
Gebäuden wurde nur die Kirche genannt.
Wenn es um den Landbesitz geht, das größte
Flächenmaß an Land im Dorf hat der Erbrichter mit 125 Morgen
gehabt. Weiter haben hier 8 Hufbauern gelebt, die schon 35 - 55 Morgen
Land bearbeitet haben, weiter 6 ¾ Hufbauern (25 - 34 Morgen), 21
½ Hufbauern (15 - 20 Morgen), 16 ¼ Hufbauern (10 - 12
Morgen), 18 Gärtler (4 -8 Morgen) und 27 Häusler (1/4- 2
Morgen). Unter die Anwesen, die kein landwirtschaftliches Nutzen oder
keine Felder hatten, gehörten örtliche "Lokalitäten",
wie das örtliches Kaplanhaus, die Schule, das Försterhaus,
das Haus der Gehilfen, Papiermühle, Zainhammer, Mahlmühle und
87 Häuser, wo Ausgedinger, Taglöhner und kleinere Handwerker
gewohnt haben.
Bedeutsamere Betriebe im Wermsdorf waren die private Papiermanufaktur,
der Zainhammer und der Speckstein-Steinbruch. Die Papiermanufaktur
wurde damals mit 2 Pumpbütten, einem Holländer (es handelt
sich hier um eine Rotationsmaschine, die den Faserbrei - Pulpe - nicht
mehr durch reine Schlageinwirkung aufschließt, sondern durch eine
kombinierte Schneid- und Schlageinwirkung für bessere und
schnellere Verarbeitung des Faserbreis) und 2 Pressen ausgestattet und
hat 16 Personen beschäftigt. Die Produktion hat 330 Packen
verschiedenen Konzept-, Kanzlei- und "schwarzen" Büttenpapiers, 20
Schock Pappe und dazu brauchte man 1200 Zentner Leinenhadern. Das
kleinere Hammerwerk (für Produktion von Bandeisen zur Herstellung
von kleineren Eisenwaren) hatte nur ein einziges Schmiedefeuer, einen
Hammer und hat 2 Arbeiter beschäftigt. Es hat 165 Zentner Roheisen
aus der Herrschaft Janowitz und 250 Metze Holzkohle verarbeitet. Die
Eisenrutenproduktion, die zur Herstellung von kleineren Eisenwaren
gebraucht wurden, hat 150 Zentner jährlich betragen. Diese haben
die Schmiede und Beschlagschmiede aus der Umgebung, aber auch aus
Schönberg und Schildberg bezogen. Der Specksteinsteinbruch
(wahrscheinlich in Sensenzipfel) hat einen Steinmetz und 15
Hilfsarbeiter beschäftigt. Die Produktion bestand aus
Bodenfließen, Zargen, Fenstereinfassungen, Stufen (Treppen),
Fenstersimsen, Steinkreuzen (Kruzifix), Statuen, Meilensteinen
(Kilometersteinen), Futtertrögen für das Vieh,
Wasserbehältern und Ziegelsteinen zum Ausmauern von Hochöfen.
Ihr Handwerk haben hier 5 Weber, 1 Maurer, 5 Schuster, 4 Bäcker, 3
Schneider, 2 Schlosser, 3 Wirte (Gastwirte), 3 Beschlagschmiede, 1
Müller, 1 Sägewerkbetreiber, 2 Fleischer, 2
Graupenmüller, 1 Garnhändler, 2 Wagner und 1 Fassbinder
betrieben.