Anfangs der industriellen Ära hat sich Wermsdorf in einer
sonderbaren Situation befunden. In der Umgebung wurden bedeutende
Magnetitanbrüche - eines qualitativ sehr hochwertiges Eisenerzes
gefördert, in Sensenzipfel Speckstein zum Ausmauern von
Hochöfen, aber wegen verhältnismäßiger Entfernung
des Dorfes und seiner Verkehrsunzulänglichkeit hat sich hier kaum
Industrie angesiedelt. Jegliche Rohstoffe, die hier gefördert
wurden, wurden nach Zöptau und Petersdorf gebracht, die sehr nahe
gelegen sind und wo sich der Kern der Eisenproduktion auf wiesenberger
Herrschaft vorgefunden hat und wo man es auch gleich bearbeitet hat.
Nicht einmal dann, wo in Zöptau während der Herrschaft der
Grafen von Mittrow und vor allem während der Herrschaft der
Gebrüder Klein (die haben wiesenberger Herrschaft im Jahre 1844
gekauft) einer der bedeutendsten Hütten- und Eisenwerke der
Monarchie entstanden ist, hat sich die Situation in Wermsdorf nicht
wesentlich geändert.
Während der Konsolidation der Eisenproduktion durch den Grafen von
Mittrow ist im Jahre 1840 zur Abschaffung des wermsdorfer Hammerwerkes
gekommen, das danach der hiesige Dorfrichter Franz Kubitschek gekauft
hat und hier statt dessen einen mit Wasser angetriebenen Betrieb zum
Flachsbruch errichtet hat. Später wurde in dem ehemaligen
Hammerwerk eine Produktionsstätte zur Herstellung von Schindeln
und eine Manufaktur zum Hautgerben betrieben. Damit die Fuhren mit
Eisenerz, Holzkohle und Speckstein nach Zöptau verlässlich
durchfahren konnten, und auch damit man bessere Verkehrsverbindungen
zwischen der herrschaftlicher Verwaltung und manchen Eisenwerken in
Wiesenberg und dem Hauptwerk in Zöptau erreicht werden konnten,
wurde während der Herrschaft der Grafen von Mittrow schon im Jahre
1834 ein solider Weg von Reutenhau über Wermsdorf nach Zöptau
erbaut.
Eine bedeutende Rolle hatte Wermsdorf bei der Verwaltung der
herrschaftlichen Wälder gespielt. Anfangs des 19. Jahrhunderts
wurde hier ein Forstamt für die gesamte wiesenberger Herrschaft
errichtet, der erst im Jahre 1888 abgeschafft und nach Wiesenberg
verlegt wurde. In Siebenhöfen und in Wermsdorf war auch der Sitz
der wiesenberger Forstreviere, wovor der siebenhöfener etwa 900 ha
und der Wermsdorfer etwa 1300 ha betragen hat.
Einschneidende gesellschaftliche Veränderungen der Gesamtmonarchie
hat das Revolutionsjahr 1848 gebracht. Es ist zum Abschaffen der
Fronarbeit zur Ersatzleistung gekommen, es wurden neue politische und
Gerichtsbezirke erschaffen und es wurden politische Kommunen mit
Eigenvertretung, Rat und Bürgermeister, die von den Bürgern
gewählt wurden, gegründet. Die ersten Wahlen dieser Art sind
im Jahre 1849 verlaufen. Wie es in der Zeit üblich war, als erster
Bürgermeister wurde der ehemaliger Erbrichter Franz Kubitschek
gewählt, der das Amt bis zum Jahre 1854 bekleidet hat. Die
Gemeinde musste für die Amtstätigkeit, die ihr durch das
Gesetz zugekommen ist, einen neuen Schreiber (der erste neue
Dorfschreiber war ein gewisser Josef Tinz) einstellen, dem sie ein
Jahresgehalt in der Höhe von 36 Gulden zahlen mussten, und einen
Dienstmann. Zu den Pflichten eines Dienstmannes gehörte unter
anderem der Wachdienst im Dorf, das Alarmglockenläuten bei Feuer,
den Blasebalg treten beim Orgelspiel in der Kirche und der Botendienst.
Dafür hatte er von der Gemeinde jährlich 55 Gulden und 54
Kreuzer Gehalt bekommen. Über ein Rathaus im Dorf zu dieser Zeit
haben wir keine Informationen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass als
Rathaus zuerst das Erbgericht gedient hat. Später wurde eine
Gemeindekanzlei im Erdgeschoss des herrschaftlichen Forsthauses, Haus
Nr. 54, errichtet.
In der neuen administrativen Struktur wurde offiziell die traditionelle
Gerichts- und Verwaltungsfunktion des Erbrichters abgeschafft.
Praktisch haben die Inhaber der Erbgerichte, als Besitzer der
größten Höfe und der umfangreichsten Ländereien im
Dorf, stets wesentlichen Einfluss bewahrt und es war des Öfteren,
dass gerade der Erbrichter zum Bürgermeister wurde. Wermsdorfer
Erbgericht, Haus Nr. 86, war bis in das Jahr 1901 im Besitz der Familie
Kubitschek. Danach wurde der Besitz, welcher zum Erbgericht
zugehörig war, geteilt. Ein Teil der Ländereien mit Hof hat
Dominik Lang, der in den Jahren 1910 - 1919 den Bürgermeisteramt
bekleidet hat, erworben.
Die Gemeinde Wermsdorf ist gemeinsam mit den Gemeinden Buchelsdorf,
Kleppel, Winkelsdorf, Marschendorf, Neudorf, Petersdorf, Wüst
Seibersdorf, Rudelsdorf, Zöptau, Groß Ullersdorf und
Wiesenberg dem Gerichtsbezirk Wiesenberg angegliedert worden, das
wieder zum politischen Bezirk Mährisch Schönberg
zugehörig war. Das Dorf hat zur Polizeistation Zöptau und zum
Postamt Wiesenberg gehört. Wo dann später im Jahre 1871 ein
Postamt im Zöptau erbaut wurde, wurde Wermsdorf diesem Postamt
angegliedert.