In Wermsdorf war der Krieg am 8. Mai 1945 beendet. An diesem Tag
sind auf dem Weg von Freiheitsberg nach Wermsdorf die Einheiten der
Sowjetischen Armee gekommen, die dann schrittweise das ganze Dorf
besetzt haben und weiter Richtung Siebenhöfen und Wiesenberg
vorgestoßen sind. Kurz vor dem Einmarsch der Russen hat der
Pfarrer Rohrsetzer mit einigen Helfern eine weiße Fahne auf dem
Kirchturm ausgehängt. Das alleine konnte aber nicht die
Diebstähle und das Plündern der russischen Soldaten in einem
rein deutschen Dorf verhindern. Eine ernsthaftere Auswirkung hatte aber
das Konfiszieren des Viehs, das dann im Garten des Gasthauses Tinz
geschlachtet und zur Heeresversorgung fortgebracht wurde. Nicht lange
nach der Besetzung des Dorfes, am 15. Mai 1945, kam es zur Verhaftung
und Deportation einiger Männer, die sich in den letzten Tagen am
Panzersperrenbau und dem Organisieren der örtlichen Landwehr
beteiligt haben und auch der Amtsinhaber der NSDAP.
Gleich im Mai 1945 wurde im Dorf eine Bewaffnete 10-köpfige
"Revolutionsgarde" eingerichtet, die für Ordnung und
Sicherstellung des konfiszierten Eigentums und dessen Schutz vor
Beschädigung gesorgt hat. Zu der "Garde" sind allerdings oft auch
dunkle Existenzen eingetreten, die die deutsche Bevölkerung
schikaniert haben, und die ihre Stellung zum Eigenen Vorteil genutzt
haben. Aus Wermsdorf direkt haben wir über diese Exzesse keine
Informationen. Von Interesse ist es, das die Verwaltungskommission hat
die Garde aus dem Geld bezahlt, das man von der deutschen
Bevölkerung eingenommen hat. Die Gebühren wurden noch in
Reichsmark enthoben und haben sich in der Spanne zwischen 2 - 10 Mark
pro Person bewegt.
Die ersten Tschechen kamen hierher im Mai und im Juni 1945 von
Hohenstadt, aus der Walachei und Kremsier. Im Verlauf des Jahres 1946
und auch später sind dann 11 Familien der tschechischen
Repatrianten aus Wolhynien gekommen. Von den ersten Siedlern wurden
Volkstreuhänder für die wenige Betriebe rekrutiert, welche im
Dorf noch funktioniert haben. Z.B. das Sägewerk Knoll wurde mit
Herrn Klimesch, die Bäckerei und die Mühle Schlesinger mit
Herrn Filip und das Sägewerk mit angegliederter
Holzwolleproduktion mit Herrn Mikeska als Volkstreuhänder besetzt.
Der ursprünglicher Inhaber der Schleiferei war der Tscheche Josef
Mangel und der ist im Dorf auch nach der Vertreibung geblieben. Die
Papiermanufaktur war zu dieser Zeit schon außer Betrieb. Noch im
Jahre 1945 wurde durch Milos Kaspar der Betrieb des
Gemischtwarenladens, Haus Nr. 174,erneuert, Gasthaus und Fleischerei
Donig, Haus Nr. 26, wurde von Franziska Valová als
Treuhänderin übernommen und Alois Lysácek hat den
Betrieb des Gasthauses, Haus Nr. 176, im Hinterzipfel (Oberdorf)
erneuert. Es haben hier der Schmied Ruprecht, auf Haus Nr. 20, der
Wagner Hornácek, auf Haus Nr. 21, und der Schuhmacher Hurta, auf
Haus Nr. 27, gewirkt. Es wurde auch der Steinbruch am Erzberg erneut in
Betrieb genommen. Die neuen Bewohner haben sich vorwiegend durch
Landwirtschaft und durch die Arbeit in den Staatswäldern
ernährt. Die Arbeiter der Arbeiterprofessionen sind zur Arbeit
nach Zöptau in die Velamos Fabrik und nach Petersdorf in die
Sägewerke gefahren.
Die ganze Waldwirtschaft, die den Kleins gehörte, wurde nach dem
Krieg verstaatlicht. Der erste Förster in Siebenhöfen war der
Milos Bicenc, der hier schon als Adjunkt während des Krieges
gearbeitet hat und in Wermsdorf ein gewisser Postulka. Die Wälder
boten Unterhalt vielen Wermsdorfern, vor allem im Winter hat sich die
Mehrheit der Landwirte durch das Holzanrücken mit einem
Pferdegespann ernährt, aber hatten auch viele Schwierigkeiten
bereitet. Die Drahtzäune gegen das Rotwild, welche noch
während der Verwaltung der von Kleins errichtet wurden, wurden
nicht in Stand gehalten und kurz nach dem Kriegsende ist zur
Erntevernichtung an anliegenden wermsdorfer Grundstücken durch das
Wild gekommen.
In den ersten Monaten nach dem Krieg wurden die Stromlieferungen im
Dorf ganz eingestellt, es hat auch die Telefonverbindung nach
Zöptau und auch die private Leitung von Wermsdorfer Försterei
zum Franzens Jagdhaus nicht funktioniert. Auch der Schienenverkehr von
Zöptau wurde wegen Brückenreparaturen erst am 5. Juli 1945 in
Betrieb genommen. Die gesamte Verbindung mit der umliegenden Welt wurde
auf der Straße in unregelmäßigen Fahrten mit Bussen
oder mit Motorrädern, die mancher Wermsdorfer sein Eigen genannt
hatte, gehalten. Das erste Automobil im Wermsdorf (der Marke Tatra) hat
sich in Wermsdorf im Jahre 1948 Milos Kaspar, der Betreiber der
örtlichen Gemischtwarenhandlung, gekauft. Die
regelmäßige Busverbindung bis ins Dorf hinein wurde erst im
Jahre 1953 eingeführt. Der Bus hat im Anbau der Remise (Schuppen)
des Gemeindenationalausschusses geparkt.
Die deutsche Bevölkerung ist im Dorf bis zum Jahr 1946 geblieben,
wo sie dann bis auf ein paar Ausnahmen über Schönberg
abgeschoben wurden. Im Dorf durften nur 5 Personen deutscher
Staatsangehörigkeit bleiben, welche als Spezialisten für die
Waldarbeit ausgegliedert wurden. 2 Personen durften bleiben, weil sie
in einer Mischehe mit einer Person tschechischer Nationalität
lebten. Das Dorf wurde allerdings nicht genügend nachgesiedelt,
immer mehr Gebäude wurden durch die Neusiedler ausgeraubt und leer
verlassen. Im Jahre 1950 haben hier nur 314 Einwohner, gegenüber
940 im Jahre 1930 gelebt. Von 213 erfassten Häusern wurden hier im
Jahre 1947 nur 122 Nummern besiedelt oder genutzt. Noch schlimmere
Situation herrschte in den anliegenden Siedlungen: z.B. in
Freiheitsberg wurde nicht einmal ein Haus offiziell zugeteilt und neu
besiedelt.
Schon am 20. Mai 1945 wurde aus den tschechischen "Alteingesessenen"
die örtliche Verwaltungskommission gebildet, in der
Zusammensetzung Bicenc, Mangel, Hroch, die im alten Gemeindeamt, Haus
Nr. 54, amtiert haben. Der erste Kommissar wurde der Förster Milos
Bicenc. Am 16. September 1945 wurde im Wirtshaus Donig eine Versammlung
aller bisherigen tschechischen Dorfbewohnern gehalten, wobei der neue
Kommunalkommissar Rudolf Procházka, der dann bis zu den neuen
Wahlen 1946 das Amt des Gemeindeamtsverwalters ausgeübt hat,
gewählt wurde. In den Wahlen 1946 hat die Kommunistische Partei
(KPT) mit 67 Stimmen von 94 gesiegt, vor der Volkspartei mit 11
Stimmen, Sozialdemokratischen Partei mit 8 Stimmen und der
Nationalsozialistischen Partei mit 8 Stimmen. Aufgrund der
Wahlergebnisse für das 11-köpfige Nationalkomitee haben die
Kommunisten 8 Mandate und je 1 Mandat die anderen Parteien bekommen.
Der Vorsitzende des Nationalkomitees wurde der leitende Schuldirektor
Josef Suk. Die Pfarrei wurde bis zum Jahre 1946 durch den deutschen
Geistlichen Alfred Rohrsetzer besetzt und danach nur "Excurrendo" (wo
ein Pfarrer von auswärts kommt um eine Hl. Messe zu zelebriere)
von Zöptau aus, durch den Provisor P. Josef Senkyrík.
Noch anfangs des Jahres 1948 haben in Wermsdorf 4 politische Parteien
gewirkt, und zwar die Nationalsozialistische, Sozialdemokratische,
Kommunistische und die Volkspartei. Die größte Partei
(Kommunistische Partei) hatte etwa 60 Mitglieder und ihr Vorsitzender
war Alois Svoboda.